Lager "Auf der Masch" und Lager "Grüngürtel"
mindestens 20 Holzbaracken (Masch) und zwei Holzbaracken (Grüngürtel)
genutzt und betrieben von der Reichsbahn, bestand seit Sommer/Herbst 1942

Auf dem Gelände nördlich des Schützenplatzes (zwischen Maschmühlenweg und Leinekanal) befanden sich eigentlich zwei Reichsbahnlager: Das Lager unmittelbar südlich der Gaststätte Maschmühle firmierte unter dem Namen „Lager Masch“, ein südlich davon gelegenes, kleineres wegen der nahe gelegenen Kleingärten als Lager „Grüngürtel“ oder „Lager Sportplatz“. Da beide Lager sehr nah beieinander lagen, gehen die Bezeichnungen in den Quellen häufig jedoch durcheinander. Das Lager Masch existierte wie das Lager Schützenplatz seit Sommer/Herbst 1942, das Lager Grüngürtel, ursprünglich wohl als reines Frauenlager geplant, spätestens seit Dezember 1942. Das Lager Masch bestand aus mindestens 20 Baracken, für das Lager Grüngürtel sind nur zwei Baracken nachgewiesen, es können aber durchaus mehr gewesen sein.

In den beiden Lagern waren "Ostarbeiter", Westukrainer und Polen, aber auch Zwangsarbeiter aus anderen Nationen untergebracht (darunter unter anderem Franzosen, Belgier, Holländer, Serben, Italiener, Tschechen und auch Rumänen und Ungarn).

Die offiziellen Belegzahlen für den August/September 1944 des Jahres 1944 schwanken zwischen 460 und 520, darunter waren über 200 Frauen und wie wir aus Zeitzeugenaussagen und der Totenliste des Bombenangriffs von 1. Januar 1945 wissen, teilweise auch ganze Familien mit Kindern. Für den August 1944 wird die Belegzahl von 464 differenziert in: 360 "Ostarbeiter", 18 Polen und 86 "Sonstige". Von den 360 "Ostarbeitern" sollen sich nur 16 im Lager Grüngürtel, das nach der 1949 erfolgten Lageraufnahme des belgischen Suchdienstes nur aus 2 Holzbaracken bestand, in dem nur "Ostarbeiterinnen" untergebracht waren, die für "Küchendienst u. die Hauswirtschaft" zuständig waren. Nach dieser Lageraufnahme befanden sich im Lager Grüngürtel allerdings 50 "Ostarbeiterinnen" und im Lager Masch 600 Insassen, von denen 300 Holländer, 270 Franzosen und 30 Belgier gewesen sein sollen. "Ostarbeiter" werden in dieser Aufstellung gar nicht erwähnt. Am Ende des Formblattes, in dem das Lager Masch beschrieben wird, findet sich die Notiz: "Durch Kriegseinwirkung wurden sämtliche Unterlagen vernichtet, so daß die Reichsbahn (Reichsbahnausbesserungswerk) die Namen der 30 Belgier nicht angeben kann". Der Belgische Suchdienst war natürlich speziell auf der Suche nach in Deutschland vermissten Belgiern. Die Bemerkung erklärt jedoch allgemein, warum es bis heute so schwierig ist, zuverlässige Aussagen über die Beschäftigung von Zwangsarbeitern bei der Reichsbahn und die Belegung ihrer Lager zu machen.

Das Lager Masch wird in den Erinnerungen ehemaliger "Ostarbeiter" gelegentlich im Gegensatz zum Lager Schützenplatz als polnisches Lager oder als Familienlager bezeichnet.

Besonders nachdem die Stadt Trier im Dezember 1944 mehrere große Bombenangriffe erlebt hatte, die die Stadt in Schutt und Asche gelegt hatten, kamen mehrere Transporte von "OstarbeiterInnen" mit Kindern nach Göttingen ins Lager Masch/Grüngürtel. Diese Kinder waren gemeinsam mit ihren Müttern deportiert und hatten, wenn sie nicht allzu jung waren, zumeist auch selbst arbeiten müssen. Allein drei dieser Kinder, die von Trier nach Göttingen ins Lager Masch kamen, haben sich auf einen Zeitzeugenaufruf Anfang der 200er Jahre gemeldet, außerdem ein erwachsener "Ostarbeiter", der ebenfalls von Trier nach Göttingen transferiert wurde.

 

Im Lager Masch fanden nach überlieferten Propagandafoto der DAF vom November 1942 auch Theateraufführungen statt.

Ausschnitt aus einem Göttinger Stadtplan von 1939 mit dem Stadtfriedhof, Bahnhof und Ausbesserungswerk, den Sportplätzen in den Leinewiesen und dem Schützenplatz und nördlich davon das Gelände des Lagers Masch (ganz oben unter 1 b/c die Maschmühle).

 

Propagandafoto der DAF von dem Speisesaal im Reichsbahnlager Masch vom November 1942.

Der Bombenangriff vom 1. Januar 1945 traf auch das Lager Auf der Masch: 29 der insgesamt 39 Toten unter den Zwangsarbeitern wurden in diesem Lager getötet, neun von ihnen waren Kinder unter 14 Jahren.

Bombenangriff vom 1. Janaur 1945
Amerikanische Luftaufnahme nach dem Bombenangriff vom 1. Januar 1945
Zu sehen sind Bombentrichter um das Lager Schützenplatz und das Lager "Auf der Masch" mit zerstörten Baracken.

Auch die Baracken des Reichsbahnlagers auf der Masch wurden wie die des Lager Schützenplatz nach dem Krieg noch mehrere Jahre als Wohnbaracken genutzt.


Propagandafoto der DAF

Der Bombenangriff am 1. Januar 1945 und die Namen der Toten

 


Quellen:

Antwort auf Anforderung der Gestapo Hildesheim vom 4.8.1941, Lagerliste mit Anschreiben vom 6.9.1944, Stadtarchiv Güttingen Pol.Dir. Fach 124, NR. 2, Bl. 541 f. und Bl. 544-546.

Lageraufnahme Belgischer Suchdienst 1949, Niedersächsisches Haupt- und Staatsarchiv, Film 3, Nr. 1457, 1450.

Einwohnermeldekarten, Stadtarchiv Göttingen, Alte Einwohnermelderegistratur.

Aktennotiz 7.6.1945 über Besprechung mit dem Oberbürgermeister am 5.6.1945, Besprechungen 24.7.1945, 28.8.1945,Stadtarchiv Göttingen, Bauamt Abt. I Fach 1 Nr. 26 Bd. 1, o.P.

Zeitzeugenaussagen ehemaliger "Ostarbeiter", Stadtarchiv Göttingen, Sammlung 32- Tollmien.

Luftaufnahme, Städtisches Museum Göttingen.

 


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