Rüstungsbetriebe - "Göttinger Küchenvereinigung e.V."

Die Göttinger Industriebetriebe schlossen sich während des Krieges als "Küchenvereinigung e.V." einer Arbeitsgemeinschaft zusammen, wie sie auch in anderen Städten bestand, um den Zwangsarbeitereinsatz effektiv und kostengünstig zu organisieren. Sie betrieben gemeinsam zwei große Barackenlager (Lager Schützenplatz und Lager Eiswiese) und die Krankenbaracke für "OstarbeiterInnen" und PolInnen. Federführend für die Küchenvereinigung waren die Aluminiumwerke.

Die Basis der Göttinger Rüstungsindustrie während des Zweiten Weltkrieges war die feinmechanische, optische und elektrotechnische Industrie, die sich in Göttingen am Ende des 19. Jahrhunderts in enger Zusammenarbeit mit der Universität etabliert hatte und in der Folge der Kriegsproduktion des Ersten Weltkrieges einen beispiellosen Aufschwung genommen hatte. 1939 waren in diesen Industriebetrieben bereits 2.322 Personen beschäftigt (gegenüber 466 im Jahre 1907). Zum Vergleich: 1939 hatte Göttingen (einschließich der damals noch selbständichen Dörfer Geismar, Weende und Grone, in denen einige der wichtigsten Industriebetriebe angesiedelt waren), fast 58000 Einwohner.

Zu den kriegswichtigen Göttinger Industriebetrieben gehörten:

  • Aluminiumwerke GmbH
  • Firma Feinprüf
  • Firma Wilhelm Lambrecht
  • Physikalische Werkstätten AG (Phywe)
  • Ruhstrat AG
  • Sartorius-Werke AG
  • Optische Werke Schneider & Co GmbH
  • Spindler & Hoyer
  • Winkel GmbH.
  • als Hersteller von Uniformen und anderen Ausrüstungstextilien für die Wehrmacht auch die Textilfirmen Schöneis und Göttinger Leinenweberei
  • als Hersteller von Munitionspackgefäßen und Flugzeugzellen auch die Möbelwerkstätten Reitemeier

    Eine Sonderstellung nimmt die Aerodynamische Versuchsanstalt ein, die zwar Mitglied der "Küchenvereinigung war, aber als Forschungseinrichtung Zwangsarbeiter nicht direkt, sondern nur auf ihren Baustellen beschäftigte.

  • Küchenvereinigung 1944

    Schreiben der Küchenvereinigung vom 14.1.1944 an die Göttinger städtische Fahrbereitschaft: Unter dem Briefkopf steht oben klein: "Fernsprecher: Verwaltung 4541 (Aluminiumwerke) Küche 4623", und in der zweiten Zeile: "Lager Schützenplatz 4773 Lager Eiswiese 4007 Sanitätsbaracke 2962". Die links angegebene Adresse "Weender Landstraße 61" ist die Adresse der Aluminiumwerke. Diese benutzen offensichtlich sogar dann den Briefkopf der "Küchenvereinigung", wenn sie - wie in diesem Fall - gar nicht für diese, sondern in eigener Sache agierten. (Stadtarchiv Göttingen Bauamt Abt. I Fach 2 Nr. 34, o.P.)


     

    Literatur:

    Hans-Dieter von Frieling, Der Bau des Gehäuses. Die Entwicklung der Stadt Göttingen seit dem 18. Jahrhundert. Ein Vergleich von Landkarten, in: Göttingen ohne Gänseliesel (hg. v. Kornelia Duwe, Carola Gottschalk u. Marianne Koerner), Göttingen 1988, S. 18-30, hier S. 25.

    Interessengemeinschaft "Garnisonstadt Göttingen e.V.", Die strenge Form. Zur Geschichte der Militärbauten in Göttingen, Göttingen 1992, S. 59.
     


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