Vertrauensmännersystem für französische Kriegsgefangene = "Service Diplomatique des Prisonniers de guerre"

Nach der Genfer Konvention hatte der Schutz der Interessen der französischen Kriegsgefangenen eigentlich bei einer neutralen Macht gelegen, in diesem Fall den Vereinigten Staaten. Doch übernahm das im Süden Frankreichs nach dem Waffenstillstand vom 22. Juli 1940 installierte, formal selbständige Vichy-Regime unter Staatschef Philippe Pétain im November 1940 im Rahmen eines offiziellen deutschfranzösischen Abkommens selbst die Verantwortung für die französischen Kriegsgefangenen im Reich. Das entzog im Widerspruch zum Grundgedanken der Genfer Vereinbarungen die Gefangenen dem Schutz durch die neutralen USA und machte sie langfristig zum Spielball der wechselseitigen Interessen zwischen dem „im Vertrauen auf das Genie des Führers […] zur Zusammenhang mit Deutschland fest entschlossenen“ Vichy-Regierung und dem Deutschen Reich. In Paris wurde auf Initiative der VichyRegierung eine Dienststelle mit dem Titel „Service Diplomatique des Prisonniers de guerre“ eingerichtet, die über eine Zweigstelle in Berlin verfügte und von dort die Inspektion der Kriegsgefangenenlager organisierte. In den einzelnen STALAGs wurden Vertrauensmänner benannt, die regelmäßige Kontrollreisen unternahmen. So fanden etwa zwischen April bis November 1942 von Fallingbostel aus 23 derartige Inspektionsreisen statt, das waren pro Monat immerhin mehr als drei. Es ist allerdings nicht bekannt, ob in den Jahren zuvor ebenfalls regelmäßige Kontrollen stattgefunden haben oder ob die hohe Reiseintensität zwischen Frühling und Herbst 1942 nicht nur mit den anstehenden neuen Vereinbarungen zum im Juni 1942 vereinbarten Austausch von Kriegsgegangenen gegen Zivilarbeiter (der sog. Relève) in Zusammenhang stand.

Einen Bericht des französischen Vertrauensmannes des Stalags XI B Fallingbostel über die 6. Rundfahrt durch die Arbeitskommandos der Kreise Alfeld, Einbeck, Northeim und Göttingen 31.3. bis 4. April 1942 finden Sie hier.

Französisches Propagandaplakat, in dem Marschall Petain nach dem Waffenstillstand im Juli 1940 den Franzosen versichert, dass er sie weder verkauft und verraten noch verlassen habe.


Quellen und Literatur:

Bernd Zielinski, Staatskollaboration. Vichy und der „Arbeitseinsatz“ für das Dritte Reich, Münster 1995, S. 52 (Zitat aus dem Protokoll vom Empfang des französischen Botschafters Scapini am 28. September 1938 in Berlin, zitiert nach ebd.).

Frank Baranowski, Geheime Rüstungsprojekte in Südniedersachsen und Thüringen während der NS-Zeit, Duderstadt 1995, S. 94 f.

 


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