Erinnerungen ehemaliger ZwangsarbeiterInnen der Aluminiumwerke

Es gibt ein Erinnerungsbuch eines ehemaligen holländischen Zwangsarbeiters, ausgefüllte Fragebögen von ehemaligen Kinderzwangsarbeitern aus Weißrussland, von "Ostarbeiterinnen" und von einer polnischen Zwangsarbeiterin, außerdem ein Interview mit einem deutschen Arbeiter der Aluminiumwerke:


Cornelis J. K., geb. 31.8.1922, gest. 2.4.2009, wurde im Juli 1943 aus Den Helder, Niederlande, zwangsweise in die Aluminiumwerke nach Göttingen gebracht. Er verfasste 2001 ein Erinnerungsbuch, dem er den Titel "Verlorene Jahre" gab.

Cornelis J. K. kam als Folge der Aushebung der Jahrgänge 1921-1923 zum "Arbeitseinsatz" nach Deutschland. Er war zunächst in einer Baracke im Lager der Aluminiumwerke untergebracht, kam dann ins Lager Eiswiese und von dort schließlich in eine Privatunterkunft in Weende. Er war von Beruf Elektrotechniker und arbeitete bei den Aluminumwerken in der Automatendreherei zusammen mit sowjetischen Zwangsarbeitern (wahrscheinlich Kriegsgefangenen).

Es gibt außerdem noch einen Brief von Cornelis J. K., die als Kommentar und Ergänzung zu seinem Erinnerungsbuch gelesen werden kann.

"Verlorene Jahre", Erinnerungsbuch von Cornelis J. K., 2001.

Cornelis J. K. (1922-2009), holländischer Zwangsarbeiter bei den Aluminiumwerken von Juli 1943 bis April 1945. Das Foto wurde 1940 aufgenommen.


Nikolai Iwanowitsch B., geb. 10. Oktober 1932, wurde im März 1944 zusammen mit seiner Familie und gemeinsam mit anderen Bewohnern seines Dorfes, einer Arbeitersiedlung in Weißrussland (Stolinsij Bezirk, Pinskaja Gebiet), nach Deutschland verschleppt. Damals war er 11 ˝ Jahre alt, wie die anderen Kinder wurde er mitten aus seiner Schulausbildung gerissen, um in den Göttinger Aluminiumwerken Zwangsarbeit zu leisten. Nach dem Krieg absolvierte er eine Abendschule, mit 16 Jahren arbeitete er neben der Schule schon als Hilfsarbeiter, mit 19 trat er in die Armee ein und machte dort eine Ausbildung zum Kraftfahrer. Nach 14 Jahren kehrte er in sein Heimatdorf zurück, wo er dann bis zur Rente als Fahrer arbeitete und am 14. November 2001 starb. Das Dorf, in dem er und auch die anderen ehemaligen Göttinger Kinderzwangsarbeiter, zu denen Kontakt besteht, leb(t)en, liegt in der unmittelbaren Nähe der Tschernobylzone. Kurz vor seinem Tode, Ende Oktober 2001, füllte er einen der für ehemalige Ostarbeiter vom Göttinger Stadtarchiv entwickelten Fragebögen aus.

Wiedergabe Fragebogen Nikolai Iwanowitsch B., geb. 10. Oktober 1932

Nikolai Iwanowitsch B., geb. 10. Oktober 1932, aufgenommen im Lager Aluminiumwerke 1944.

 

Sofija Stepanowna K., geb. 25. November 1930 wurde gemeinsam mit ihrer Mutter Paraskowia Grigorjewna und ihren Schwestern Tamara, geb. 22. April 1936, und Galina, geb. 28. Juni.1928, aus dem gleichen weißrussischen Dorf wie Nikolai Iwanowitsch B. im März 1944 nach Deutschland deportiert und musste in den Aluminiumwerken in Göttingen Zwangsarbeit leisten. Auch sie lebt heute ebenso wie ihre Schwester Tamara noch immer in ihrem Geburtsort, der in der Tschernobylzone liegt. Ihre Schwester Galina emigrierte nach dem Krieg nach Australien, kehrte aber nach dem Zerfall der Sowjetunion immer wieder für mehrere Monate zu ihren Schwestern in ihr Heimatdorf zurück. Alle drei Schwestern füllten einer der für "Ostarbeiter" entwickelten Fragebögen aus. Alle drei Fragebögen erreichten uns in den ersten Monaten des Jahres 2001.

Wiedergabe Fragebogen Sofija Stepanowna K., geb. 25.11.1930

Wiedergabe Fragebogen Galina Stepanowna K., geb. 28.06.1928

Wiedergabe Fragebogen Tamara Stepanowna K., geb. 22.04.1936

Zu dem Foto

Tamara Stepanowa K., geb. 22. April 1936 (rechts) mit einem französischen Kriegsgefangenen und einer anderen Kinderzwangsarbeiterin aus Weißrussland, aufgenommen vor den Aluminiumwerken 1944 oder 1945.

 

Anastasija Nikolajewna B., geb. 8.10.1933, stammte wie Nikolai Iwanowitsch B. und die drei Schwestern Sofija, Galina und Tamara Stepanowa K. aus der gleichen Arbeitersiedlung in Weißrussland, in der sie noch heute lebt. Sie wurden gemeinsam im März 1944 deportiert. Anastasija Nikoljewna B. kam zusammen mit ihrer Mutter Nadeschda Pawlowna und ihrer Schwester Anna Nikolajewna nach Göttingen in die Aluminiumwerke. Den von ihr ausgefüllten Fragebogen erhielten wir im Januar 2001.

Wiedergabe Fragebogen Anastasija Nikolajewna B., geb. 8.10.1933


Friedrich V., geb. 1910, deutscher Arbeiter, war seit 1928 Mitglied der Jugendgruppe der KPD. Er wurde im Mai 1933 verhaftet, kam zunächst in das KZ Moringen und dann nach Oranienburg, wo er im Frühling 1934 entlassen wurde. Er wohnte in Nörten, wo er zunächst ebenso wenig wie in Göttingen Arbeit fand. Erst im August 1936 wurde er bei den Aluminiumwerken eingestellt. Er beschrieb die politische Situation in den Alumininiumwerken in einem Interview, das Ulrich Popplow am 13.1.1977 mit ihm führte. Weil V. wegen seiner KZ-Haft "wehrunwürdig" war, arbeitete er auch während des Krieges in den Aluminiumwerken und kam so in Kontakt mit "russischen" Zwangsarbeitern.


Quellen:

Fotos ehemaliger Zwangsarbeiter, Stadtarchiv Göttingen, Sa. 32- Sammlung Tollmien (Foto-CD).

 


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