NS-Zwangsarbeiter: Firma Wilhelm Lambrecht, Göttingen, Friedländer Weg 65-67

Die Firma wurde 1859 von dem Mechaniker Wilhelm Lambrecht (1833-1904) in Einbeck gegründet und 1864 nach Göttingen verlegt. Seit 1867 widmete sich Lambrecht der Entwicklung von Hygrometern und wendete sich abe 1873 der Herstellung auch anderer meteorologischer Instrumente zu. 1874 zog die Firma in den Friedländer Weg 65-67 um, wo sie noch heute residiert.
Während des zweiten Weltkrieges produzierte die Firma unter anderen auch Gasfrühwarnsysteme. Auch heute noch ist die Firma im militärischen Bereich engagiert.

Im Mai 1939 kamen einzelne tschechische Facharbeiter zur Firma Lambrecht.

Im Juni 1940 stellte die Firma einen Antrag auf die Zuweisung von drei französischen Kriegsgefangenen aus dem Lager Sültebeck, der vom Landesarbeitsamt zunächst negativ beschieden wurde, da es sich nicht um vordringliche Aufgaben handele. Im September 1940 erhielt Lambrecht dann aber doch erstmals 22 französische Kriegsgefangene - und war damit eine der ersten Göttinger Rüstungsfirmen, die bei der Zuweisung von französischen Kriegsgefangenen bedacht wurden. Für den April 1942 wissen wir, dann 81 Kriegsgefangene in einem von Lambrecht betriebenen Lager in Geismar (wahrscheinlich das Gasthaus Zur Linde) untergebracht waren, von denen einige aber wahrscheinlich für die Phywe arbeiteten. Bei einer Inspektionsreise des französischen Vertrauensmannes des STALAGs Fallingbostel im April 1942 beklagten sich die Kriegsgefangenen über den Lagerführer, der ihr Theater verbrannt habe.

Im Februar 1943 sind auch einzelne zivile französische Zwangsarbeiter bei Lambrecht nachgewiesen.

Eine Polin, die im August 1941 zunächst als Hausgehilfin nach Göttingen gekommen war, arbeitete am Ende des Krieges als Rüstungsarbeiterin bei Lambrecht. Die deutschen Behörden bescheinigten der aus Neu Sandez (Novy Sacz) stammenden Frau später eine (west-)ukrainische Staatsangehörigkeit. Möglich, dass es noch mehr Polinnen oder Westukrainerinnen gab, die Zwangsarbeit bei Lambrecht verrichteten.

Die Firma Lambrecht war Mitglied der Küchenvereinigung, die unter anderem das Lager Schützenplatz betrieb. Es ist daher sehr wahrscheinlich, dass bei Lambrecht auch OstarbeiterInnen arbeiteten.

Katalog der Firma von 1939

Militärkapelle vor der Firma Lambrecht. Aufschrift auf dem Transparent: "Jeder Handgriff, jeder Hammerschlag, ein Gebot für Deutschland". Das Foto stammt aus der Veröffentlichung von Frank Baranowski, Geheime Rüstungsprojekte in Südniedersachsen und Thüringen während der NS-Zeit, Duderstadt 1995, S. 41 (Bildquelle Privatarchiv Baranowski, Veröffentlichung mit freundlichen Genehmigung)


Quellen und Literatur:

Einwohnermeldekarten, Stadtarchiv Göttingen, Alte Einwohnerregistratur.

Ausländer Aufenthaltsanzeigen, Stadtarchiv Göttingen, Pol. Dir. Fach 124 Nr. 15.

Lageraufnahme Belgischer Suchdienst 1949, Lager Lohberg, Niedersächsisches Haupt- Staatsarchiv Göttingen Film 3, Nr. 1446;

Frank Baranowski, Geheime Rüstungsprojekte in Südniedersachsen und Thüringen während der NS-Zeit, Duderstadt 1995, S. 14 und 97.

Aktennotiz 13.2.1941, Stadtarchiv Göttingen Bauamt Abt. I Fach 16 Nr. 48, o.P.; Gnade an Reichsbankstelle 10.5.1941, ebd. Bauamt Abt. I Fach 16 Nr. 52, o.P.

Sitzung 4.3.1941, Stadtarchiv Göttingen AHR I A Fach 11 Nr. 55

Schreiben Luftgaukommando 15.8. 1942, Aktennotiz 30.10.1942, Stadtachiv Göttingen Bauamt Abt. I Fach 16 Nr. 49, o.P.

Die obigen Angaben zu einzelnen Zwangsarbeitern, speziell zu den tschechischen Zwangsarbeitern, beruhen auf der Auswertung und einer entsprechenden Hochrechnung von 24,12 % der insgesamt 1082 Kisten (Zahl bereinigt um Kisten mit ausschließlich typisch deutschen Namen wie Müller, Schmidt, Schulze) der alten Einwohnermeldekartei, die im Stadtarchiv Göttingen aufbewahrt wird.

 


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