NS-Zwangsarbeiter: Autowerkstätten und - händler |
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Die Bedeutung der Autowerkstätten für die deutsche Kriegsführung versteht sich angesichts der immens hohen Anzahl von Wehrmachtsfahrzeugen, die im Falle der Mobilmachung zum Einsatz kommen würden, von selbst. |
Schon vor Beginn des Zweiten Weltkriegs arbeiteten in Göttingen im April und Mai 1939 einzelnen tschechische Zwangsarbeiter in Autowerkstätten oder bei Autohändlern: bei Mercedes-Benz (Reparaturwerkstatt Fabrikweg 2-6, Generalvertretung und Verkaufsstelle Weender Straße 11), bei Breitenbach (Weender Straße 37: Großhandlung für Herde, Öfen, Fahrräder, Kraftfahrzeuge, Nähmaschinen und Waschmaschinen), Münstermann (Weender Landstraße 20: Autoreparaturwerkstatt) und in den Opelhallen (Weender Landstraße 8). In den Opelhallen sind tschechische Arbeiter auch noch im Mai 1942 nachweisbar.
Auch Polen arbeiteten 1941 und 1942 in den Opel Autohallen und auch einige der französischen Kriegsgefangenen, die im Lager Sültebeck untergebracht waren, arbeiteten in Göttingen für Opel. Im April 1943 beschäftigten die Opel Autohallen auch mindestens zwei flämische Belgier (als Elektriker und als Kraftfahrer), Anfang 1944 kam ein weiterer Flame als Dreher, der allerdings im August 1944 nach Magdeburg zur Waffen SS ging, und seit Ende 1944 arbeitete eine Polin, die am 3. April 1944 in Göttingen ein Kind bekommen hatte und zuvor in den Göttinger Kliniken tätig gewesen war, ebenfalls bei Opel. |
Göttinger Adressbuch 1937 |
In der Schmiede und Autowerkstatt Bielefeld in der Angerstraße 7 arbeitete seit August 1942 zunächst ein französischer Schmied und seit November 1943 drei französische Automechaniker, die zuvor in Kassel bei Hanomag gearbeitet hatten und nach den großen Bombenangriffen auf Kassel nach Göttingen transferiert worden waren. Sie kehrten aber im März 1944 alle drei wieder nach Kassel zurück. Einer dieser Franzosen hat einen kurzen Bericht über seine Zwangsarbeit bei Bielefeld geschrieben. Alle vier Franzosen bei Bielefeld waren im Lager Eiswiese untergebracht. Im Januar 1943 kam auch noch ein niederländischer Schmied zu Bielefeld. In der Auto-Reparaturwerkstatt von Erich Dreyfeldt in der Weender Landstraße 71 arbeitete zwischen Mai 1942 und November 1942 ein holländischer Kraftfahrer, der anschließend nach Hause zurückkehrte. In die Auto-Reparaturwerkstatt von Hermann Kornrumpf im Rosdorfer Weg 12 kam am 5. April 1945, drei Tage vor der Besetzung Göttingens durch die Amerikaner, ein holländischer Metallhilfsarbeiter, der zuvor in Kassel gearbeitet hatte. Das Autohaus Ost im Schildweg 28 und das Autohaus Bartels in der Reinhäuser Landstraße 18 a beschäftigten 1944 ebenfalls mindestens je einen sowjetischen Zwangsarbeiter, wobei alle über die Göttinger Autohäuser getätigten Angaben hier lediglich Mindestangaben sind, da sie auf der nur zu etwa einem Viertel erfolgten Auswertung der alten Göttinger Einwohnermelderegistratur beruhen und andere (quantitative) Quellen nicht zur Verfügung stehen. In der Auto-Droschken-Vermietung Ernst Tölle arbeitete im Januar 1944 ein Serbe als Hilfsschlosser. Wie eng die Göttinger Autowerkstätten mit der Rüstungsproduktion und dem Zwangsarbeitereinsatz verzahnt waren, zeigt eine Initiative der Opel-Autohallen GmbH vom Februar 1945, die auf einen Auftrag der "Einsatzgruppe Küffhäuser" der Organisation Todt zurückging. Die OT war ab 1943 unter anderem auch für den Bau der Abschussrampen der V1- bzw. V2-Raketen zuständig. In Rosdorf sollte nun, unter Einsatz von Zwangsarbeitern, auf eine Fläche von 3000 qm "Massivbauten" für die Produktion von Raketenteilen errichtet werden, wie dies im Kyffhäuser und Südharz mit KZ-Häftlingen bereits praktiziert wurde. Die Zwangsarbeiter sollten zu diesem Zweck von den Rosdorfer Landwirten abgezogen werden. Den Auftrag für die Durchführung dieses Bauprojekts sollte die Baufirma Baumbach aus Friedland bekommen. Um die benötigten 3000 qm anzukaufen wandten sich die Opelhallen nun ausgerechnet an den Pastor des Ortes, da die Kirchengemeinde als der offizielle Käufer auftreten sollte. Das Kriegsende verhinderte die Realisierung dieser Pläne. |
Quellen:
Einwohnermeldekarten, Stadtarchiv Göttingen, Alte Einwohnermelderegistratur.
Aufenthaltsanzeigen von Ausländern (Robert F., geb. 21.9.1922, Auguste G., geb. 14.8.1921, Maurice Roux, geb. 17.10.1922, Henri D., geb. 10.8.1920), Stadtarchiv Göttingen Pol. Dir. Fach 124 Nr. 15 (alphabetische Ablage).
Aktennotiz 12.5.1942, Stadtarchiv Göttingen Pol.Dir. Fach 124 Nr. 2 Bl. 460
Kontrolloffizier Fallingbostel an verschiedene Firmen, 4.11.1942, Stadtarchiv Göttingen Bauamt Abt. I Fach 16 Nr. 52, o.P.
Eintrag 3.4.1944 (733/1944) Geburtenbuch Standesamt, Stadtarchiv Göttingen.