NS-Zwangsarbeiter: Französische (und belgische) Kriegsgefangene |
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Wie überall folgte der Zwangsarbeitereinsatz in Göttingen dem Kriegsverlauf, wobei hervorzuheben ist, dass das eher mittelständisch ausgerichtete Göttingen nicht zu den Städten gehörte, die bevorzugt mit Zwangsarbeitern versorgt wurden. Nennenswerte größere Gruppen von Zwangsarbeitern kamen daher erst 1942/43 nach Göttingen und insbesondere die nach dem siegreichen Frankreichfeldzug im Juni 1940 in Göttingen geweckten Begehrlichkeiten auf französische Kriegsgefangene als billige Arbeitskräfte wurden erst nach langwierigen Verhandlungen und in sehr viel geringerem Maße als ursprünglich gewünscht erfüllt.
In Göttingen trafen die ersten 250 französischen Kriegsgefangenen Ende Juli/Anfang August 1940 ein (darunter waren auch vereinzelt belgische Kriegsgefangene).
Eine größere Gruppe von französischen Kriegsgefangenen arbeitete nachweislich bei den Aluminiumwerken, den optischen Werken Schneider & Co, der Firma Wilhelm Lambrecht, der PHYWE AG, den Sartoriuswerken, bei der Möbelfabrik Reitemeier, bei der Reichsbahn und sehr wahrscheinlich auch bei der Firma Winkel. Einzelne Gefangene arbeiteten vorrübergehend auch für die Speditionen Weber und Quentin, den Landesproduktenhandel Dr. Fritz Henjes, die Bäckerei Schaper und Appel, die Getreidehandlung Günther, in der Wein- und Essigfabrig Grotefend, in der Holzhandlung Hopf, Fleischermeister Hoppe, ... Nach einem Runderlass Görings vom 23.1.1943 waren die Göttinger Betriebe mit einer Belegschaft von über 500 Köpfen verpflichtet, Aufräumtrupps und Bauhilfstrupps zur Beseitigung von Bombenschäden aufzustellen. Dabei waren in erster Linie Ausländer und Kriegsgefangene einzusetzen. Französische Kriegsgefangene arbeiteten in diesen Bauhilfstrupps (gemeinsam mit deutschen Arbeitern) nachweislich für die Firma Ruhstrat und möglicherweise auch im Bauhilfstrupp der Firma Feinprüf, die ansonsten sowjetische Kriegsgefangene zu den Aufräumarbeiten heranzog; in anderen Firmen waren französische Zivilarbeiter, Holländer, Flamen, Belgier und Italiener in den Bauhhilfstrupps eingesetzt. Insgesamt arbeiteten von August 1940 bis Kriegsende in der Stadt Göttingen (einschließlich Geismar, Grone und Weende) nach neuesten Schätzungen etwa 1500 französische Kriegsgefangene. |
Französische Kriegsgefangene beim Registrieren ihrer Personalien im Lager der Wehrmacht Lohberg 1940.
Eine Gruppe von französischen Kriegsgefangenen im Lager Lohberg 1940.
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Relève (Austausch von französischen Kriegsgefangenen gegen Zivilarbeiter) im Juni 1942: Namentlich sind in Göttingen nur 5 französische Kriegsgefangene bekannt, die gegen Zivilarbeiter ausgetauscht wurden. Ingesamt war die Zahl der ausgetauschten Kriegsgefangenen im ganzen Reich sehr niedrig und betrug nur etwas über 5 %. Wenn man davon ausgeht, dass in Göttingen (einschließlich Geismar, Grone und Weende) auch der Reichsdurchschnitt galt, dann wären bezogen auf die Schätzung von etwa 1500 Kriegsgefangenen nur 75 Kriegsgefangene davon betroffen gewesen Transformation (Umwandlung von französischen Kriegsgefangenen in Zivilarbeiter) April 1943: In Göttingen sind 60 französische Kriegsgefangene namentlich bekannt, die in den Zivilarbeiterstatus überführt wurden (ohne die fünf bei Reitemeier in Rosdorf arbeitenden ehemaligen französischen Kriegsgefangenen). Im Reichsdurchschnitt machten bis Mitte 1944 etwa 27 % der verbliebenen 800 000 französischen Kriegsgefangenen (das war nur noch etwa die Hälfte der ursprünglich ins Reich transportierten Kriegsgefangenen) von diesem Angebot Gebrauch. Auf Göttingen (einschließlich Geismar, Grone und Weende) übertragen, würde dies bedeuten, dass um die 200 französische Kriegsgefangene in den Zivilarbeiterstatus überführt wurden. |
Aufgrund der engen Zusammenarbeit Deutschlands mit der Petainregierung wurden die französsichen Kriegsgefangenen intensiv betreut. So gab es für die französischen Kriegsgefangenen ein ausdifferenziertes System von dem jeweiligen Stalag zugeordneten Vertrauensmännern, die regelmäßig Kontrollfahrten durchführten und auf der Einhaltung eines gewissen Mindeststandarts bei Verpflegung und Unterbringung und auch bezüglich der Freizeitaktivitäten bestanden. Inwieweit die entsprechenden Mängelberichte dann jedoch auch konkrete Konsequenzen hatten, lässt sich allerdings nur in den allerseltensten Fällen nachverfolgen. Für Göttingen gibt es einen solchen Kontrollbericht vom April 1942. Unterbringung/Lager: Eine Auflistung aller Lager für französische Kriegsgefangene in Göttingen findet sich hier.
Gasthaus Sültebeck: Lager für französische Kriegsgefangene Lager Gasthaus Sültebeck: Französische Kriegsgefangene - Lebensverhältnisse Liste aller französischen Kriegsgefangenenlager Verpflegung der französischen Kriegsgefangenen Bezahlung der französischen Kriegsgefangenen Und ausführlich, auch zu den Kontrollberichten der für Göttingen zuständigen französischen Vertrauensmänner siehe
Relève, STO und Transformation - Abkommen mit der Vichy-Regierung 1942/1943 |
Die obigen Schätzungen für die Anzahl der französischen Kriegsgefangenen beruhen auf der Auswertung von Lagerstatistiken und Beschäftigtenmeldungen, insbesondere der Lageraufnahme Belgischer Suchdienst 1949, Niedersächsisches Haupt- und Staatsarchiv Hannover, Film 3, der Beschäftigungsmeldungen 31.12.1944 R 12I/102 (Reichsgruppe Industrie), Bundesarchiv Berlin Lichterfelde und einzelner statistische Angaben aus den beiden im folgenden genannten Bauamtsakten des Stadtarchivs Göttingen.
Stadtarchiv Göttingen, Akten Bauamt Abt. I Fach 16 Nr. 48 und Nr. 52, passim.
Handschriftliche Statistik vom 16.11.1942-31.12.1945, Stadtarchiv Göttingen, Ernährungsamt Nr. 50, o. P.
Entnazifizierungsakte, Niedersächsisches Hauptstaatsarchiv Hannover Nds. 171 Hildesheim Nr. 28071, passim.
Runderlass Göring 23.1.1943, Zusammenstellung der Aufräumungstrupps (A-Trupps) und der Bauhilfstrupps (B-Trupps) der Göttinger Betriebe mit einer Belegschaft über 500 Köpfen, o. D. [10.4.1943], Aerodynamische Versuchsanstalt an Oberbürgermeister 7.3.1944, Stadtarchiv Göttingen Bauamt Abt. I Fach 1 Nr. 45, o.P.
An das Landesarbeitsamt Hannover 14.12.1943, zur Kenntnis an Frey, unterzeichnet mit Ra., Stadtarchiv Göttingen Bauamt Abt. I Fach 1 Nr. 45a Bd. 3, o.P.
Fotos Französische Kriegsgefangene, Fotoarchiv Städtisches Museum Göttingen.
Literatur: