Galina B., verheiratete König, geb. 29.10.1922, gest. 5.5.2005, nach Göttingen aus Charkow im April 1942 (Schneeweiß, Konservenfabrik Hillebrand) |
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Galina B., geboren am 29.10.1922 in Charkow, gehörte zu dem ersten Transport von ukrainischen jungen Mädchen, die ab April 1942 bei Schneeweiß Zwangsarbeit leisteten. Sie erinnerte sich an 2002 daran, dass sie im Jahre 1942 eine Vorladung zur Ausreise nach Deutschland bekommen habe (eine freiwillige Meldung war dies also nicht) und dass sie dann alle vom der Schule Nr. 15, die sich in der Nähe des Bahnhofs befand (offensichtlich einem Sammellager), abtransportiert worden seien. Im Ankunftsort der Reise (in ihrem Fall Göttingen), hätten die Deutschen "uns Russen" sortiert und sie sei zur Wäscherei Schneeweiß gekommen. Insgesamt seien es 20 Menschen gewesen, alle aus Charkow, die bis Ende des Krieges bei Schneeweiß arbeiteten.
Die Arbeit sei schwer gewesen, aber zu schaffen. Sie habe Wäsche gebügelt. Sie seien von der Tochter des Firmeneigners bewacht wurden, die "Kette" [Käthe - C.T.] gehießen habe und hätten auch bei Schneeweiß gewohnt, in einer Baracken, ungefähr je 20 Menschen in jeder. Die Lebensbedingungen seien gut gewesen, es gab eine Dusche. Zu Essen hätten sie 3 Mal pro Tag bekommen. Anfang Januar 1943 kam Galina B. aus nicht bekannten Gründen, die sie selbst auch nicht aufklären konnte, ins Lager Schützenplatz, von wo sie mit einer deutscher Frau in einer Gruppe von fünf Frauen zur Arbeit geführt worden seien. Aus diesem Lager wechselte sie im Mai 1945 zur Konservenfabrik Hillebrand (wieder konnte sie nicht erklären warum) und wohnte zunächst in dem dortigen Lager im Brauweg 27. |
Galina B. (mit Kreis) mit den anderen ukrainischen Mädchen aus Charkow, die bei Schneeweiß Zwangsarbeit leisteten. |
Inzwischen hatte sie aber ihren zukünftigen Mann kennengelernt, August König, der mit einem deutschen Vater und einer westukrainischen Mutter als Deutscher galt und beantragte - obwohl rein "russischer Abstammung", wie sie schrieb - einen "Umsiedlerausweis". Mithilfe ihrer Tante, die noch vor dem Krieg einen Deutschen geheiratet hatte und seitdem in Deutschland lebte, gelang es ihr, diesed Papier zu bekommen (die Einbürguerungsurkunde ist mit dem 19.5.1944 datiert) und sie konnte daher seit dem Juni 1944 in der Privatwohnung ihres zukünftigen Mannes leben, den sie dann 1946 heiratete. Nach dem Krieg aber war ihr Heimweh zu groß, so dass sie auf ihre deutsche Staatsangehörigkeit verzichtete und mit ihrem Mann nach Charkow zurückkehrte, wo sie als Musiklehrerin arbeitete. Nach eigener Aussage gelang es ihr, ihre deutsche Staatsbürgerschaft vor den sowjetischen Behörden zu verheimlichen, so dass sie in der Sowjetunion keine Schwierigkeiten bekam. Auch die Arbeiterinnen der Konservenfabrik Hillebrand machten in ihrer Freizeit Musik. |
Quellen und Literatur:
Einowhnermeldekarte Galina B., Stadtarchiv Göttingen, Alte Einwohnerregistratur
Galina Kenich Erinnerungen an die Einreise in Deutschland o.D. (2002), Brief 19.2.2003, Stadtarchiv Göttingen, Sammlung 32 - Tollmien, Korrespondenz und Fotos.
Katrin Prüger, Osteuropäische Zwangsarbeiter (1939-1945) im Regierungsbezirk Braunschweig. Untersuchungen zu ihren Lebensbedingungen und ihrem Verhältnis zur deutschen Bevölkerung, Staatsexamensarbeit Göttingen 1988 (Manuskript im Stadtarchiv Göttingen), S. 30.
Eckart Schörle, Gutachten zur Situation von "Zwangsarbeitern" bei der Firma Schneeweiß Göttingen während der Zeit des Nationalsozalismus, Göttingen im September 2000 (Manuskript im Stadtarchiv Göttingen), S. 44.