NS Zwangsarbeit Betriebe: Konservenfabriken

Die Konservenfabrik Hillebrand befand sich im Brauweg 27 und arbeitete seit Kriegsbeginn hauptsächlich für die Wehrmacht. Die Tatsache, dass die Fabrik im August 1942 in 24 Stundten 25 000 Dosen Erbsen eingekocht hatte, war der Göttinger Lokalzeitung sogar eine eigene Meldung wert. An diesem Produktionsrekord waren zu diesem Zeitpunkt auch schon die bei Hillebrand beschäftigten "Ostarbeiterinnen" beteiligt. Zwar findet sich in den Akten nur eine Statistik, nach der im August 1944 bei Hillebrand 36 "Ostarbeiterinnen" und 6 Polinnen beschäftigt waren. Doch wissen wir durch eine Zeitzeugenaussage, dass die "Ostarbeiterinnen" schon seit Frühjahr 1942 bei Hillebrand arbeiteten und dass dort sehr viel mehr Polinnen beschäftigt waren als die sechs im Sommer 1944 angegebenen. Durch diese Zeitzeugenaussage wissen wir zusätzlich, dass die Zwangsarbeiterinnen bei Hillebrand im Winter, wenn es nichts einzukochen gab, an andere Firmen ausgeliehen wurden.

Die Firma unterhielt auf dem Fabrikgelände ein eigenes Lager, in dem ihre Zwangsarbeiterinnen untergebracht waren. Das Lager firmierte offiziell als Göko-Lager, wie man an dem Absenderstempel einer Postkarte sehen kann, die eine bei Hillebrandt vorrübergehend unterbrachte Zwangsarbeiterin von Feinprüf an ihre Eltern zu Hause schrieb (Poststempel 24.3.1943).

 

Text der beidseitig beschriebenen Karte:

"Im Jahre 1943, den 17 April.
Das ist ein Brief von der Tochter Maria. Mütterchen und Väterchen, ich habe auf einmal 6 Postkarten bekommen. Früher habe ich keine bekommen und jetzt habe ich sie bekommen. Sie fragen, womit ich mich zudecke. Ich habe eine Bettdecke bekommen und decke mich damit zu. Ich hatte noch niemals Hunger. Schreiben sie mir, wer aus Deutschland zurückgekehrt und wer dorthin gegangen ist, wer geheiratet hat . Nadja W. schreibt, dass sie arbeitet. Schreiben sie mir, warum schreiben sie mir nicht, ist Mama so schwach? Schreiben sie mir, ob sie noch die Kuh haben.

"Ich vermisse sie sehr und danke viel mal für Ihre Briefe und dafür, dass sie mich nicht vergessen haben. Senden sie mir die Adresse von Nadja. Ich bin am Leben und gesund. Gruß an alle meine Verwandten. Mütterchen und Väterchen, auf Wiedersehen, warten sie auf mich."

 

Vergleiche zu Hillebrandt auch die Wein- und Essigfabrik Grotefend, die ebenfalls Konserven für die Wehrmacht herstellte.

Ostarbeiterinnen der Konservenfabrik Hillebrand

Ostarbeiterinnen" der Konservenfabrik Hillebrand mit dem Fabrikbesitzer Friedrich Hillebrand in der Mitte. Das Foto wurde am 16. November 1942 aufgenommen.


Quellen:

Einwohnermeldekarten, Stadtarchiv Göttingen, Alte Einwohnerregistratur.

Lagerlisten auf Anforderung der Gestapo vom 4.8.1944 und 6.9.1944, Stadtarchiv Göttingen, Pol. Dir. Fach 124 Nr. 2, Bl. 541-546.

Lageraufnahme Belgischer Suchdienst 1949, Niedersächsisches Haupt- und Staatsarchiv Hannover, Film Nr. 3, Nr. 1451.

 


 Impressum