NS-Zwangsarbeiter - Betriebe: Fleischer und Schlachter

Göttinger Adressbuch 1937

  • Zu Göttinger Fleischern kamen von Oktober 1939 bis Mai 1942 kamen einzelne tschechische Zwangsarbeiter: Sie arbeiteten in der Schlachterei Hagemann, Goethe Allee 20, bei Eisenacher in der Kurzen Geismarstraße, Schachtebeck in der Groner Tor Straße 7 und in der Schweineschlachterei von Alois Bode in der Groner Tor Straße 16. Alle bei Göttinger Fleischer arbeitenden Tschechen waren vom Fach, also ausgebildete Fleischer oder Schlachtergesellen. Sie wohnten in der Regel bei ihrem Arbeitgeber.
  • In der Fabrik für Fleichwaren und Gänseleberpastete Christian Börner (Inhaber Edmund Heidtmann), Barfüßerstraße 12-13, arbeitete ab März 1942 ein serbischer Staaatsangehöriger mit deutschem Namen, der aus Herzberg nach Göttingen gekommen war und schon zwei Wochen später wieder nach Herzberg zurückging.
  • Die Roßschlachterei Heinrich Dölle in der Gotmarstraße 14 stellte im Juli 1940 einen Antrag auf die Zuweisung von französischen Kriegsgefangenen, die im Lager Sültebeck untergebracht werden sollten. Obwohl der Antrag - weil alle Kriegsgefangenen zu diesem Zeitpunkt in die Landwirtschaft gehen sollten - zunächst abgelehnt wurde, taucht die Firma mit 18 weiteren Betrieben auf einer Genehmigungsliste vom 23. August 1940 - wie beantragt - einem französischen Kriegsgefangenen auf. Ob die Zuweisung zu diesem Zeitpunkt allerdings tatsächlich erfolgte, ist nicht gesichert und angesichts der Tatsache, dass das Lager Sültebeck statt der in dieser Aufstellung veranschlagten 250 Mann im September erstmals nur mit 122 Gefangenen belegt wurde, auch eher unwahrscheinlich.
  • In der Schlachterei Hagemann, Goetheallee 21, arbeitete nach dem von Oktober 1940 bis Mai 1941 dort tätigen Tschechen seit Juli 1941 ein französsicher Fleischergeselle aus Paris, der allerdings im Oktober 1941 zur Kolonialwaren- und Feinkosthandlung Bodemeyer in der Jüdenstraße 12 wechselte. Im Februar 1943 soll dieser Franzose dann an das französische Konsulat in Hannover versetzt worden sein. Sein Status ob Zwangs- oder freiwilliger Arbeiter in Deutschland ist daher unsicher.
  • Der Schlachtermeister Lorenz Hoffmann in der Prinzenstraße 17, der eine Schlachterei in der Hinderburgstraße 14 betrieb (die Hindenburgstraße lag in der sog. Frontkämpfersiedlung, einer von einem privaten Träger 1935 errichteten NS-Neubausiedlung an der Reinhäuser Landstraße) beschäftigte ab April 1944 einen ehemaligen französischen Kriegsgefangenen, der von der Möglichkeit der Transformation Gebrauch gemacht hatte. Ursprünglich aus dem Lager Sültebeck stammend war er wie eine Reihe anderer in den Zivilarbeiterstatus überführter französischer Kriegsgefangener im Lager Tonkuhle untergebracht, was sicher nicht seinen Erwartungen entprach. Denn das Lager Tonkuhle hatte wegen seiner Lage einen schlechten Ruf und das Motiv, den rechtlich stärker geschützen Status eines Kriegsgefangenen gegen den eines Zivilarbeiters auszutauschen, bestand häufig in der Aussicht auf mehr persönliche Bewegungsfreiheit und eventuell sogar eine private Unterkunft, auf die insbesondere die begehrten Facharbeiter unter den französischen Kriegsgefangenen hoffen konnten. Drei der insgesamt sechs im Lager Tonkuhle nachgewiesenen ehemaligen französischen Kriegsgefangenen waren Schlachter, arbeiteten also wahrscheinlich ebenfalls bei Hoffmann oder bei einem anderen Göttinger Schlachter.
  • Bei Schlachtermeister Heinrich Hoppe in der Kurzen Straße 10, in der Hoppe auch die Gastwirtschaft "Zum Unterstand" betrieb, war von September 1942 bis November 1944 ein französischer Kriegsgefangener beschäftigt, der im Lager Sültebeck untergebracht war. Im November 1944 wurde dieser wegen sog. Rundfunkverbrechen festgenommen und ins Göttinger Gerichtsgefängnis gebracht.
  • In der Fleischerei Edmund Kraft in der Langen Geismarstraße arbeitete ab Oktober 1943 ein Holländer, der zuvor (seit Juli 1941) im Göttinger Kaufhaus Allwardt & Co in der Groner Straße tätig gewesen war. Seit Herbst 1942 arbeitete bei Kraft eine "Ostarbeiterin", die im September 1944 zur Reichsbahn versetzt wurde. Nach ihren Erinnerungen arbeitete auch ein Franzose und ein Pole bei Kraft.
  • Bei dem Fleischer Ferdinand Pflüger in der Landen Geismarstraße 64 arbeitete ab Februar 1943 ein Belgier (Flame), der im April 1944 in die Heimat zurückkehrte.
  • Bei dem Schlachtermeister Richard Wiegner, Groner Landstraße 46a, arbeitete mindestens eine "Ostarbeiterin".

  • Literatur und Quellen:

    Einwohnermeldekarten, Stadtarchiv Göttingen, Alte Einwohnerregistratur.

    Landesarbeitsamt an Stalag 23.7.1940, Aktennotizen 25.7.1940, 7.8.1940, Aufstellung 23.8.1940, Aktennotiz 24.8.1940, Ratssitzung 4.9.1940, Stadtarchiv Göttingen Bauamt Abt. I Fach 16 Nr. 48, o.P.

    Vernehmung 9.11.1944, Niedersächsisches Haupt- und Staatsarchiv Hannover, Hann 171 a Hannover Acc. 107/83 Nr. 1140.

    Einträge in: Stadtarchiv Göttingen Acc. Nr. 1047/1991 Nr. 258 (Ordnungsamt) Register Fremdenpässe, angefangen 4.2.1942, 163/1943, 164/1943, 175/1944.

     


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