NS-Zwangsarbeit: Städtisches Forstamt

Von November 1942 bis August 1944 waren (wahrscheinlich) 2 bis 3 (französische) Kriegsgefangene beim Städtischen Forstamt in Herberhausen beschäftigt und von September 1943 bis Juli 1944 6 bis 10 sowjetische Kriegsgefangene.

Gesichert wissen wir allerdings nur, dass im September 1943 insgesamt zehn sowjetische Kriegsgefangene (sechs von ihnen für zehn Monate, vier für acht Monate) aus dem Forstamt Schulenberg im Oberharz zum Holzeinschlag an das Herberhäuser Forstamt überstellt wurden und dass im März 1944 - also noch innerhalb der projektierten Einsatzzeit dieser Gefangenen - zwei sowjetische Kriegsgefangene aus ihrem Lager in der Roringer Gastwirtschaft Hippe flüchteten. Die Wachmannschaften nahmen sofort die Verfolgung auf - zunächst jedoch erfolglos. Doch durch Einsatz sämtlicher Gendarmerieposten und Landwehren der Umgebung wurden die Flüchtigen dann am nächsten Tag auf einem Heuboden noch in Roringen entdeckt. Der Fluchtversuch brachte den beiden Gefangenen mit großer Wahrscheinlichkeit Konzentrationslager ein.

Meldung über den misslungenen Fluchtversuch von zwei sojwetischen Kriegsgefangenen

Im übrigen findet man zur Frage des Zwangsarbeitereinsatzes im städtischen Forst in den Akten noch eine Mitteilung von Oberbürgermeister Gnade auf der Ratssitzung am 31. März 1944, dass für den Stadtforst die Waldarbeiterfrage "glänzend" gelöst worden sei, sie hätten "Russen und Gefangene gehabt" und der Holzeinschlag habe so fristgemäß durchgeführt werden können. Leider ist die Formulierung "Russen und Gefangene" relativ uneindeutig: Entweder waren damit zivile "Ostarbeiter" und sowjetische Kriegsgefangene gemeint, wobei es für den kontinuierlichen Einsatz von "Ostarbeitern" im Stadtforst in den allerdings sehr unvollständigen Akten andernorts keinerlei Hinweise gibt. Oder aber Gnade meinte sowjetische Kriegsgefangene und Kriegsgefangene anderer Nationalität, also wahrscheinlich Franzosen. Dies wäre deshalb denkbar, weil in den Tagebüchern des Stadtforstamtes für die Zeit von November 1942 bis August 1944 regelmäßige, wenn auch nicht besonders hohe Zahlungen an das Kriegsgefangenenlager Fallingbostel eingetragen sind. Diese Zahlungen hätten allerdings auch für sowjetische Kriegsgefangene erfolgen können. Ohne weitere Quellenfunde, läßt sich diese Frage nicht entscheiden. Doch zeigt die geringe Höhe der Zahlungen, aus der man - da die Zahl der Arbeitstage nicht angegeben ist - nicht sicher auf die Zahl der eingesetzten Gefangenen schließen kann, dass es sich höchstens um zwei bis drei französsiche Kriegsgefangene gehandelt haben kann, die wahrscheinlich nicht täglich für das Forstamt arbeiteten

Auch zivile Zwangsarbeiter waren beim städtischen Forstamt eingesetzt: Im April 1942 richtete die Stadt für 1500,- RM ein "Arbeitslager" für neun Slowenen in Bösinghausen ein, von denen man 500, - RM für Kleidung und Stiefel den Slowenen in Rechnung stellte, soll heißen von ihrem kärglichen Lohn abzog. Wo und wie lange sie für das Forstamt arbeiteten, ist nicht bekannt. Slowenische Zivilarbeiter waren in der rassistischen Hierarchie der Nationalsozialisten den Polen gleichgestellt. Polnische Zwangsarbeiter aus der Landwirtschaft wurden dem Forstamt vorübergehend im Winter 1943/44 (ab Ende September 1943 für vier Monate) zur Verfügung gestellt.


Quellen und Literatur:

Einträge 8.1.1943, 17.4.1943, 7.5.1943, 26.5.1943, 2.7.1943 in Tagebuch 1943 Bd. 12, Einträge 19.2.1944, 5.5.1944, 20.9.1944 in Tagebuch 1944 Bd. 15, Stadtarchiv Göttingen Forstamt 03.06a-03.06a Az; Stadtforstamt an Forstmeister Heine 28.9.1943, ebd. Forstamt 134.00c Az, o. P.; Stadtforstmeister an Oberbürgermeister 20.3.1944, ebd. AHR I A Fach 2,22 Nr. 3 Bd. 2, o.P. (Abbildung); Sitzung 31.3.1944 (Zitat), ebenda Fach 11 Nr. 58.
Stadtforstamt an OB 11.4.1942, Stadtarchiv Göttingen Forstamt 02.02 Az Personalsachen Bd. 6 o. P.

Vgl. auch die Belegliste für das Stalag Fallingbostel Doris von der Brelie-Lewin, "Dann kamen die Flüchtlinge" - Der Wandel des Landkreises Fallingbostel vom Rüstungszentrum im „Dritten Reich“ zur Flüchtlingshochburg nach dem Zweiten Weltkrieg, Hildesheim 1990, S. 69.

Cordula Tollmien: Zwangsarbeiter der Göttinger Stadtverwaltung, Stand Dezember 2000, unveröffentlichter Bericht, S. 49 f.

Ulrich Herbert, Fremdarbeiter - Politik und Praxis des "Ausländer-Einsatzes" in der Kriegswirtschaft des Dritten Reiches, Berlin / Bonn 1985, S. 189, S. 191.  


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