Rube & Co, Pergamentpapierfabrik

1870 kaufte der aus Dortmund stammende Ingenieur Reinhard Rube die ehemalige Klostermühle in Weende, wo er zunächst eine Wäscherei einrichtete, die sich aber als wenig lukrativ erwies. Deshalb stellte Rube hier seit 1873 mit zunächst elf Mitarbeitern Pergamentpapier her. Zehn Jahre später stand die Fabrik auf einer so soliden Grundlage, dass Rube die noch bestehenden Bindungen nach Dortmund lösen und die Fabrik moderat ausbauen konnte. Sein Sohn Reinhard Rube jun., der 1900 die Fabrik übernommen hatte, baute die kleine Firma seines Vaters in den folgenden Jahrzehnten dann zu einem beachtlichen Industrieunternehmen aus, in dem 1922 schon 180 Menschen arbeiteten, darunter auch zahlreiche Frauen. Auch baulich war die Fabrik umfassend erweitert worden, zuletzt 1920 um eine große Lagerhalle, in der zwei Jahre später eine neue moderne Pergamentiermaschine untergebacht wurde, die bis 1991 in Betrieb blieb. Auch eine herrschaftliche Fabrikantenvilla ließ sich Rube im benachbarten Park erbauen. Außerdem entstanden im Zusammenhang mit dem Ausbau der Fabrik zwei künstliche Seen, die zur Klärung des verwendeten Flußwassers dienten. Auch neue Fertigungszweige waren hinzugekommen: Neben der eigentlichen Pergamentpapierherstellung und dem Zuschneiden des Papiers für die Kunden wurde das Papier nun auch in Weende bedruckt. 1923 wurde die Firma dann in eine AKtiengesellschaft umgebaut, deren Generaldirekor Reinhard Rube jun. war. 1936 wurde die Firma von dem 1888 gegründeten niederländischen Unilever-Konzern gekauft. 1929/30 war Unilever Deutschland gegründet worden, in das Mittder der 1930er Jahre verschiedene Textil- und Papierfabriken (u.a. auch Rube) integriert wurden, da wegen der strengen Devisenbestimmungen in Deutschland Gelder nicht mehr an den niederländischen Mutterkonzern abfließen und daher in Deutschland selbst investiert werden mussten. Nach dem zweiten Weltkrieg arbeitete man mit etwa der Hälfte der Kapazitäten weiter. Geführt wurde sie nach dem Krieg von Walter Drechsel (1902-1977), der seit 1935 in der Überwachungsstelle für Papier in Berlin und von 1938 bis 1945 Geschäftsführer der Fachbruppe Papiererzeugung gewesen war. 1973 nannte sich die Firma in 4P Rube Göttingen GmbH um. 1999 wurde Rube an den finnischen Verpackungsproduzenten Huhtamaki verkauft.

  • Im Juli 1940 stellte Rube einen Antrag auf die Zuweisung von 10 französischen Kriegsgefangenen aus dem Lager Sültebeck, der aber vom Landesarbeitsamt, da es sich nicht um vordringliche Aufgaben handele, abgelehnt wurde. In den Akten fand sich kein Hinweis auf den weiteren Fortgang des Verfahrens, doch bedeutet diese Ablehnung nicht - wie wir von anderen Unternehmen wissen - dass die Firma nicht doch später Kriegsgefangene als Arbeitskräfte zugewiesen bekam.

  • Es existieren in Göttingen angefertigte Karrikaturen Karrikaturen des polnischen Zwangsarbeiters Stanislaw Toegel (1905-1953), der nach dem Warschauer Aufstand gefasst und nach Göttingen gebracht wurde, wo er Zwangsarbeit in einer Papierfabrik (wahrscheinlich Rube & Co) leisten musste. Es spricht einiges dafür, dass auch andere polnische Zwangsarbeiter nach dem Warschauer Aufstand bei Rube Zwangsarbeit verrichteten.
  • Ausweislich der Akten spätestens im August 1944, nach Zeitzeugenaussagen aber schon im Spätsommer oder Herbst 1942 unterhielt Rube ein eigenes Lager auf dem Betriebsgelände, in dem Franzosen und "Ostarbeiter" untergebracht waren. Von zweien dieser ehemaligen "Ostarbeiter" gibt es Erinnerungen an ihre Zwangsarbeit bei Rube. Beide stammten aus Weißrussland und kamen nach einigen Wochen Zwangsarbeit in der Landwirtschaft im Laufe des Jahres 1942 zu Rube. Nach ihrer Erinnerungen arbeiteten insgesamt nur 13 "Ostarbeiter" bei Rube, zwei von ihnen noch Kinder im Alter von 14 Jahren.

  • Quellen und Literatur:

    Wikipedia Artikel über Unilever (Stand 30.9.2011)

    Uta Schäfer-Richter, Industrialisierung und gesellschaftlicher Wandel in der Region. Ein Beispiel: die Vorortgemeinde Weende bei Göttingen im 19- und frühen 20. Jahrhundert, Dissertation Hannover 2001, S. 55 f. und S. 187-193.

    Wikipedia Artikel über Walter Drechsel (Stand 30.9.2011)

    Aktennotiz 23.7.1940, Landesarbeitsamt an Stalag 23.7.1940, Aktennotiz 25.7.1940, Stadtarchiv Göttingen Bauamt Abt. I Fach 16 Nr. 48, o.P.

    Lagerliste auf Anforderung der Gestapo vom 6.9.1944, Stadtarchiv Göttingen Pol.Dir. Fach 124 Nr. 2, Bl. 545 ff.

     


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