NS-Zwangsarbeit: Metallverarbeitende Betriebe

Alphabetische Liste:

  • Die Metallwarenfabrik Hermann Boie, Weender Landstraße 55, gehörte dem SA-Führer Hermann Schleiermacher, der schon zwei Jahre vor der "Machtübernahme" durch die Nationalsozialisten eine Hakenkreuzfahne gut sichtbar auf dem Schornstein seiner Fabrik aufgezogen hatte, wie das NSDAP-Parteiblatt Göttinger Nachrichten am 18.1.1935 stolz vermeldete. Damals hatte er auch einen Teil seiner nicht genutzten Fabrikräume der SA zur Verfügung gestellt und er stellte in seinem Betrieb vorwiegend Gesinnungsfreunde und Stahlhelmer ein. Für die NSDAP saß er von April 1933 bis zum Erlass der neuen Gemeindeordnung vom 30.1.1935 im Stadtrat und machte sich im übrigen als Parteiredner und Kreisausbilder verdient. Ausweislich der vorliegenden Lagerstatistiken unterhielt Schleiermacher ein eigenes Lager auf dem Betriebsgelände, in dem im August 1944 25 "Ostarbeiter" untergebracht gewesen sein sollen. Eine handschriftliche Spezifizierung vom September 1944 nennt dann etwas unklar 1 Tschechen, 2 Ukrainer, 16 "Ostarbeiter" und 24 Frauen - insgesamt also 19 Männer und 24 Frauen. Bei diesen Frauen wird es sich ebenfalls um "Ostarbeiterinnen" gehandelt haben, so dass sich demnach eine Gesamtzahl von 30 "Ostarbeitern" zu dem genannten Zeitpunkt bei Boie ergibt.

  • Schmiedemeister Hermann Bolle, Papendiek 25, erhielt im März 1943 einen holländischen Schmied zugewiesen.

  • Werkstatt für Feinmechanik August Fischer, Obere Karspüle

  • In der Ofen und Herdfabrik Glückauf (Besitzer Heinrich Sanders), Weender Landstraße 76, arbeitete mindestens ein Serbe als Metallarbeiter (am Mai 1944).

  • Die Schlosserei und Ofenbauerei Albert Metje in der Groner Landstraße 3 a, in der während des Krieges vor allem Industrieöfen herstellt wurden, beschäftigte seit September 1942 eine größere Gruppe von Serben als Schlosser und Klempner. Mindestens sieben arbeiteten dabei gleichzeitig bei Metje. Einer von ihnen bekam im Mai 1943 einen Urlaub zur Eheschließung und kehrte aus diesem Urlaub nicht zurück. Die Gesamtzahl der serbischen Arbeiter bei Metje lässt sich schwer schätzen, lag aber wohl zwischen zehn und zwanzig. Die meisten von ihnen waren direkt bei Metje untergebracht, einige wohnten privat.

  • Im übrigen waren eine Reihe von Serben als Maschinenschlosser und Automatendreher in anderen Göttinger metallverarbeitenden Betrieben, bei denen die genaue Angabe des Arbeitgebers. Zumindest einer von ihnen wrude am 19.6.1944 als "entwichen" gemeldet.

  • Die Landmaschinenfabrik F.C. Rittmeyer (Ww) stellte im Juli 1940 einen Antrag auf die Zuweisung von französischen Kriegsgefangenen, die im Lager Sültebeck untergebracht werden sollten. Obwohl der Antrag - weil alle Kriegsgefangenen zu diesem Zeitpunkt in die Landwirtschaft gehen sollten - zunächst abgelehnt wurde, taucht die Firma mit 18 weiteren Betrieben auf einer Genehmigungsliste vom 23. August 1940 mit den beantragten 2 französischen Kriegsgefangenen auf. Ob die Zuweisung zu diesem Zeitpunkt allerdings tatsächlich erfolgte, ist nicht gesichert und angesichts der Tatsache, dass das Lager Sültebeck statt der in dieser Aufstellung veranschlagten 250 Mann im September erstmals nur mit 122 Gefangenen belegt wurde, auch eher unwahrscheinlich.

  • Die Schlosserei Walter Tessmann stellte im Juli 1940 einen Antrag auf die Zuweisung von französischen Kriegsgefangenen, die im Lager Sültebeck untergebracht werden sollten. Obwohl der Antrag - weil alle Kriegsgefangenen zu diesem Zeitpunkt in die Landwirtschaft gehen sollten - zunächst abgelehnt wurde, taucht die Firma mit 18 weiteren Betrieben auf einer Genehmigungsliste vom 23. August 1940 mit den beantragten 3 französischen Kriegsgefangenen auf. Ob die Zuweisung zu diesem Zeitpunkt allerdings tatsächlich erfolgte, ist nicht gesichert und angesichts der Tatsache, dass das Lager Sültebeck statt der in dieser Aufstellung veranschlagten 250 Mann im September erstmals nur mit 122 Gefangenen belegt wurde, auch eher unwahrscheinlich.
    Ab Juni 1944 arbeitete mindestens ein französischer Zivilarbeiter für Tessmann, der im Lager Eisweise untergebracht war.
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    Ausschnitt aus der Lagerliste vom September 1944 für die Firma Boie (Stadtarchiv Göttingen, Pol. Dir. Fach 124 Nr. 2, Bl. 546)

     

     

    Göttinger Tageblatt 22./23. April 1939


    Quellen und Literatur:

    Einwohnermeldekarten, Stadtarchiv Göttingen, Alte Einwohnermelderegistratur.

    Aufenthaltsanzeigen von Ausländern, Stadtarchiv Göttingen, Pol. Dir. Fach 124 Nr. 15 (alphabetische Ablage).

    Register Fremdenpässe angefangen 4.2.1942, Stadtarchiv Göttingen Acc. Nr. 1047/1991 Nr. 258 (Ordnungsamt).

    Landesarbeitsamt an Stalag 23.7.1940, Aktennotizen 25.7.1940, 7.8.1940, Aufstellung 23.8.1940, Aktennotiz 24.8.1940, Ratssitzung 4.9.1940, Stadtarchiv Göttingen Bauamt Abt. I Fach 16 Nr. 48, o.P.

    Materialsammlung zur Ausstellung "Wir haben doch die Fabriken wieder aufgebaut" - Gespräche mit alten Gewerkschaftern, Göttingen 6.-30.5.1985, hg. vom DGB, o.O., O.J., Göttingen 1985, S. 8.

     


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