NS-Zwangsarbeit: Einweisung von Zwangsarbeitern in ein Konzentrationslager |
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Exekutiert in Buchenwald: Nur wenige Monate nach seiner Deportation aus Berdjansk Ende Mai 1942 wurde Konstantin Nikolajewitsch Kabanzow, geb. 21.8.1918 [nicht 1914 wie in den Häftlingsunterlagen - C.T.], der in Göttingen mit einer ganzen Gruppe von jungen Männern aus Berdjansk bei der Reichsbahn arbeiten musste, am 8. Oktober 1942 aus nicht bekannten Gründen verhaftet. Er verbrachte zunächst vier Tage im Göttinger Polizeigefängnis, dann gibt es eine nicht dokumentierte Lücke von 18 Tagen und ab 30. Oktober 1942 war Kabanzow dann im Polizeigefängnis in Dortmund, von wo er vier Tage später in der Konzentrationslager Niederhargen in Wewelsburg überstellt wurde. Das schon 1939 eingerichtete Konzentrationslager Niederhagen war bis 1941 zunächst ein Außenlager des KZ Sachsenhausens, dann bis zum 1. Mai 1943 selbständig und wurde danach als Außenlager dem KZ Buchenwald unterstellt. Kabanzow selbst war schon am 12. April 1943 nach Buchenwald überstellt worden, von wo er am 30. Oktober 1943 zum Kommando Dora kam - einem Außenlager von Buchenwald, in dem die Häftlinge schwerste Bau- und Transportarbeiten beim Stollenbau für eine unterirdische Raketenfabrik leisten mussten. Viele waren dieser schweren Arbeit nicht gewachsen und dieses Kommando, zu dem mehrere Subkommandos gehörten, hatte die meisten Toten aller Außenlager des Konzentrationslagers Buchenwald. Konstantin Kabanzow aber überlebte die schwere Arbeit, nur um am 10. März 1945 exekutiert zu werden. Wieder wissen wir nicht, aus welchen Gründen. Sein Bruder, der in Freital bei Dresden Zwangsarbeit verrichten musste, las 1971 in einer Zeitung von der unterirdischen Raketenproduktionsstätte in Dora, in der sein Bruder - ein Marineingenieur - hatte arbeiten müssen. Seitdem bemühte er sich lange Jahre vergeblich darum, etwas über das Schicksal von Konstantin in Erfahrung zu bringen. 1994 wandte er sich schließlich an den Internationalen Suchdienst in Arolsen, von dem er 1999 die nebenstehend abgebildete Auskunft erhielt. Auch eine neuerliche Recherche im Jahre 2001 in der Gedenkstätte Buchenwald ergab keine neuen Erkenntnisse. Lediglich eine Häftlingsnummernkarte mit dem Einlieferungsdatum in Buchenwald ließ sich finden. Auch in der Gedenkstätte des Konzentrationslager Mittelbau Dora scheint es keine weiteren Unterlagen über Kabanzow zu geben (jedenfalls wurde eine entsprechende Anfrage nicht beantwortet). Lediglich im dortigen Totenbuch ist er eingetragen. Von hier aus blieb daher nur, über eine Spende der Göttinger Direkthilfe wenigstens die finanziellen Mittel dafür bereitzustellen, dass sein jüngerer Bruder Sergej einen Gedenkstein für Konstantin aufstellen konnte. |
Auskunft des Internationalen Suchdienstes in Arolsen an den Bruder des Getöteten vom 10.5.1999
Häftlingskarte von Konstantin Kabanzow, Archiv der Gedenkstätte Buchenwald (Filme NARA Washington D.C.) |
Der Pole Stefan M. flüchtete im Juni 1942 von seiner Arbeitsstelle bei einem Bauern in Geismar flüchtete und kam nach einem einjährigen Gefängnisaufenthalt ebenfalls in das Kommando Dora im KZ Buchenwald. Der aus Belgrad stammende serbische Bäcker Cira N., geb. 15.12.1909, der seit September 1942 bei dem Göttinger Bäcker Schaper arbeitete, wurde nach einer Meldung der Gestapo vom 27.4.1943 wegen "widersetzlichen Verhaltens" vorläufig festgenommen und "einem Konzentrationslager bestimmungsgemäß überstellt". Über sein weiteres Schicksal ist nichts bekannt. Nach den nur für das Jahr 1943 erhaltenen Häftlingslisten des Gerichtsgefängnisses Göttingen wurden am 19.11.1943 ein 24jähriger Pole und ein 36jähriger Franzose, die beide am 9.11.1943 in das Gefängnis eingeliefert worden waren, in das KZ Buchenwald überstellt. |
Gestapomeldung vom 27.4.1943 über die Einweisung von Gira (muss richtig heißen Cira) N. in ein Konzentrationslager |
Iwan Iwanowitsch Siwaschtschenko, geb. 17.8.1923, gest. 30.9.2001, wurde im Juli/August 1942 nach Deutschland deportiert. In Göttingen arbeitete er mit mit Nikolaj Aleksandrowitsch in Göttingen bei der Reichsbahn und kam im Mai 1944 zum Reichsbahnausbesserungswerk in Eschwege, wo seit Juli 1943 auch Nikolaj Aleksandrowitsch K. arbeitete. Am 8.11.1944 wurden beide ohne, dass ihnen die Gründe bekannt waren, in das "Arbeitserziehungslager" Breitenau eingewiesen, von wo Siwaschtschenko am 13. Dezember 1944 nach Buchenwald überstellt wurde, wo er bis zur Befreiung durch die Amerikaner blieb: "Ich wurde ich von den amerikanischen Truppen befreit. Im März 1945 (an das Datum genau erinnere ich mich nicht ) wurden wir aus dem Schacht heraus- und in Richtung Buchenwald getrieben. Entkräftete Menschen wurden unterwegs und im Wald erschossen." Da er von einem Schacht spricht, arbeitete Schiwaschtschenko wahrscheinlich im Kommando Dora. |
Häftlingskarteikarte für Iwan Siwaschtschenko (Gedenkstätte Buchenwald) |
Quellen und Literatur: Gestapomeldung 27.4.1943, Stadtarchiv Göttingen, Pol. Dir. Fach 124 Nr. 2, Bl. 479. Fragebogen Pjotr Stepanowitsch M., geb. 28.4.1924, 3.1.2001, Fragebogen und Korrespondenz mit Sergej Nikolajewisch Kabanzo, geb. 23.7.1926, 15.1.2011-21.4.2002, Stadtarchiv Göttingen, Sammlung 32 - Tollmien Haftkostenrechnung für Oktober 1942, Stadtarchiv Göttingen, Pol. Dir, Fach 8 Nr. 9, Bl. 45. Gefangenenbuch des Landgerichtsgefängnisses Göttingen für das Rechnungsjahr 1943, Niedersächsisches Haupt- und Staatsarchiv Hann 86a acc. 75/85 Nr. 1 (exzerpierte Namensliste überlassen von Günther Siedbürger). Fragebogen und Begleitbrief Nikolaj Aleksandrowitsch K., geb. 16.12.1924, 28.12.2000, Fragebogen Iwan Iwanowitsch S., geb. 17.8.1923, o.D.(Eingang 11.2.2001), Auskunft des Stadtarchivs Eschwege vom 12.3.2001, Stadtarchiv Göttingen, Sammlung 32-Tollmien. Impressum |