NS-Zwangsarbeit: Freizeitaktivitäten für französische Zivilarbeiter |
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Die Freizeitaktivitäten in und außerhalb der Lager wurden für die französischen Zivilarbeiter von der Göttinger Sektion der "Amicale des Travailleurs Français en Allemagne" organisiert, einer Organisation, in der die französischen Zivilarbeiter Mitglied werden konnten (Wofür sie bezahlten mussten) und die die allgemeine Aufgabe hatte, die französischen Arbeiter zu betreuen. In den ersten Jahren des Krieges spielte die Amicale eine eher symbolische Rolle, doch nahm ihre Bedeutung im Verlauf des Krieges stetig zu und die Zahl ihrer Mitlieder stieg relativ zu der Zahl der in Deutschland beschäftigten Franzosen immer weiter an: So sollen nach einem Bericht in der Lagerzeitung "Le Pont" vom 23. Mai 1943 von den 350 Insassen des Lagers Egelsberg 300 Mitglieder der Göttinger Sektion der Amicale gewesen sein. Die Amicale diente als Vermittler bei der Délégation officielle française, kurz DOF, einer im März 1942 gegründeten Unterorganisation der DAF, die die französischen ZWangsarbeiter betreuen sollte. Die DOF organisierte zahlreiche Veranstaltungen für die französischen Zivilarbeiter und schütze gegebenenfalls auch deren Rechte, aber sie überwachte die französischen ZWangsarbeiter auch. Sie unterstützte die Arbeit der Amicale und war auch an der Zeitschrift Le Pont beteiligt.
Über die Veranstaltungen der Amicale in Göttingen wissen wir in erster Linie von Zeitzeugen, die uns auch Fotos überliefert haben; in einigen Fällen haben sich aber sogar auch die gedruckten Programme oder Veranstaltungsankündigungen erhalten. So gibt es das Programm eines Gesangs- und Theaterabends am 12. Juni 1943, die Lager Egelsberg und von denen wir einen Teil der Akteure identifizieren können: Von den beiden großgedruckten Solisten arbeitete einer bei Schneider & Co und der andere bei Sartorius, der Tenor war ein Spanier; der Vortragskünstler im zweiten Teil des Abends arbeitete als Metallarbeiter bei Feinprüf, einer der Jazzsänger bei einem Göttinger Schuhmacher und die beiden Schauspieler, die vor und nach der Pause einen komischen Sketch aufführten, waren ebenso wie der Confrencier des Abends gemeinsam im Lager Egelsberg untergebracht und arbeiteten im Flakzeugamt. Die Lagerzeitung "Le Pont" berichtete in ihrer Ausgabe vom 27. Juni 1943, dass praktisch das ganze Lager Egelsberg an diesem "Überraschungsabend" teilgenommen habe und die Stimmung sehr gut gewesen sei. Die Tatsache, dass das Programm von einem Arbeiter bei Winkel aufgehoben wurde, beweist aber, dass auch aus anderen Betrieben die Arbeitern an diesen Kulturveranstaltungen teilnahmen. Wie man anderen Berichten über ähnliche Veranstaltungen, die übrigens zumindest 1943 in erstaunlicher Häufigkeit stattfanden, entnehmen kann, nahmen an diesen Konzerten, die teilweise auch in Göttinger Gasthaussälen, wie im Frankfurter Hof stattfanden, wie auch an den Sportveranstaltungen auch oft die "Lagerführer" oder andere Vertreter der Betriebe, so etwa der Kommandant des Flakzeugamtes teil. Die Band des Lagers Egelsberg - auch Ostarbeiterinnen nahmen an den Aufführungen der Band teil - Fotos von Paul W. Schon am nächsten Tag nach dem oben angekündigten Konzert, am 13. Juni 1943, fand dann auf dem Sportplatz in der Nähe des Lagers Masch ein Fussballmatch zwischen einer französischen und einer holländischen Mannschaft statt, das auch noch mit Leichtathlethikwettkämpfen kombiniert wurde. Am 19. August 1943 fand in Kassel ein großes sportliches Treffen statt, an dem Göttinger französische Zwangsarbeiter sowohl als Zuschauer als auch als Sportler teilnahmen (einer der aktiven Teilnehmer aus Göttingen war Paul W.). Begleitet wurden sie von einem Betreuer des Lagers Egelsberg. Die Göttinger Mannschaft bestand aus 15 Teilnehmern; es wurden Fotos gemacht und offensichtlich an die Teilnehmer verteilt. Eine ganze Reihe von diesen Fotos haben sich erhalten: |
Bilder aus dem Besitz von Pierre G. |
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Literatur und Quellen:
Cécile Bonnet, Service du travail obligatoire (STO) in Göttingen, Magisterarbeit Universität Aix en Provence, Frankreich, 2004 (Manuskript).
Plakate und Bilder aus dem Besitz von ehemaligen französischen Zwangsarbeitern (überlassen von Cécile Bonnet), Stadtarchiv Göttingen, Sammlung 32-Tollmien.